Blue Chips and White Collars: Whose Data Science Is It?

06.04.2021

Beitrag von Seliem El-Sayed und Barbara Prainsack im Harvard Data Science Review

In ihrem Kommentar "Blue Chips and White Collars: Whose Data Science Is It?" (Harvard Data Science Review) beziehen sich Seliem El-Sayed und Barbara Prainsack auf den Artikel "Data Science in Times of Pan(dem)ic" von Sabina Leonelli und gehen der Frage nach wie Data Science für die nächste Phase der Bewältigung der Pandemie besser genutzt werden kann und welche Rolle Wissenschaftler*innen hierbei zukommt.

Zunächst ist es, insbesondere in einer Zeit, in der sich viele zentrale Merkmale unserer Gesellschaft von ihrer ‚normalen‘ Funktionsweise unterscheiden, wichtig, Erkenntnisse über die Praktiken und Erfahrungen der Menschen systematisch zu sammeln, zu analysieren, sowie ihren Wert für die Politikgestaltung anzuerkennen. Außerdem ist es angesichts der zunehmenden Häufigkeit, mit der Ergebnisse aus hypothesenfreiem Data Mining als umsetzbar und handlungsleitend dargestellt werden, notwendig sich den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität vor Augen zu führen. Eine im Kommentar zitierte US-Amerikanische Studie fand beispielsweise heraus, dass Bezirke (counties) mit höheren Eigenheimwerten mit höheren Sterberaten, d.h. Todesfällen im Zusammenhang mit COVID-19, korreliert sind. Über die Gründe dieser Korrelation können die Autoren der Studie jedoch nur mutmaßen. So zeigt sich, dass die Politik dem Druck schnell zu handeln standhalten sollte, bis die Ergebnisse aus hypothesenfreiem Data Mining um kausale Modelle ergänzt wurden. Letztlich sollte sorgfältig untersucht werden, wie Technologien sich auf verschiedene Gruppen in der Gesellschaft auswirken, um zu vermeiden, dass existierende Ungleichheiten in Bezug auf den Zugang zu Technologie und Wohlstand verstärkt werden.

Die Autor*innen schlussfolgern, dass Wissenschaftler*innen anerkennen müssen, dass sie nicht bloß neutrale Analysen durchführen. Indem Wissenschaftler*innen sich für eine Rahmung der zentralen Problemstellung eines Forschungsvorhabens entscheiden, bestimmen und begrenzen sie ebenfalls die Form einer möglichen Lösung. Wenn Forschende eine geringe Impfbereitschaft beispielsweise auf ein Informationsdefizit seitens der zuständigen Behörden zurückführen, wird sich eine ‚Lösung‘ des Problems mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer Schließung ebendieser Informationslücke beschäftigen. Diese ‚Lösung’ würde dabei übersehen, dass eine geringe Impfbereitschaft mehr ausdrücken kann als die Einstellung der Menschen zu Impfungen - sie kann beispielsweise einen Mangel an Vertrauen in die politischen Entscheidungsträger*innen oder eine allgemeine Verunsicherung bedeuten. Die Pandemie, in der der Druck politisches Handeln auf wissenschaftlichen Erkenntnissen zu basieren besonders hoch ist, nimmt Forschende stärker in die Pflicht über die Normen, Ziele und Werte, die Forschung artikuliert und fördert, zu reflektieren.

Lesen Sie hier den Originalbeitrag von Seliem El-Sayed und Barbara Prainsack in Harvard Data Science Review.